Hey Liliana!
Erst einmal herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag. Ich soll dir auch von meiner Familie alles Gute wünschen und dir ausrichten, dass wir uns schon auf dich freuen. Die nachträglichen Geschenke – falls du jetzt den Kopf schüttelst, sage ich nur ,es war nicht meine Idee, aber meine Mutter hat drauf bestanden – bekommst du natürlich erst, wenn du da bist. Es wäre Schwachsinn sie zu schicken, wenn du sie in ein paar Wochen auch persönlich in Empfang nehmen kannst. Das zweite, was mir jetzt gerade erst richtig auffällt, ist, dass du ja schon in knapp einem Monat bei uns sein wirst, also werde ich auf deine Fragen gar nicht so genau eingehen. Ich halte es für spannender, wenn du hier alles selbst entdeckst. Also tun wir einmal so, als würdest du hier schon leben und ich erzähl dir mal, was hier so passiert ist.
Zuerst haben wir, wenn du den Brief erhältst, gerade eine Woche schulfrei – frag am besten nicht warum, wir wissen es auch alle nicht. Meine persönliche Vermutung ist ja, dass die Lehrer einfach keine Lust hatten und sich weigern, aber das ist doch eher unwahrscheinlich. Dann haben wir gestern von Astrid und Ian erfahren, dass wir im August einen Kurztripp zu Ians Verwandten nach Oulu machen. Falls du dich jetzt freust, tut es mir Leid dich zu enttäuschen, aber Tante Raila und Onkel Aaro sind ungefähr so unterhaltsam wie tote Fische, also stell sich auf das langweiligste Wochenende deines Lebens ein. Neon und ich haben uns schon ein paar Ausreden ausgedacht, doch wir beide wissen, das es uns leider niemals gelingen wird, dem Trip fern zu bleiben. Mama ist in der Hinsicht ein kleiner Diktator.
Sonst ist hier – wie sonst auch – ziemlich tote Hose. Helena kommt anscheinend gerade in die Phase ihrer Jugend, in der sie nur mit sich und ihrem Aussehen beschäftigt ist, was ein bisschen stresst und Neon ist in der letzten Zeit auch zu nichts zu gebrauchen, also freue ich mich im Moment umso mehr auf dich.
Ich hoffe ich habe dich jetzt nicht abgeschreckt, aber ich bin mir sicher, wenn du erst einmal hier bist, wird es bestimmt lustig und um einiges interessanter.
Die Fotos, die ich mitgeschickt habe, sind die einzig Zeigbaren, die ich gefunden habe. Tut mir Leid, aber von Neon habe ich keines gefunden. Du müsstest ihn dir aber trotzdem gut vorstellen können, denn er sieht fast so aus wie ich, außer, dass er schwarze Haare hat und ein bisschen größer und muskulöser ist. Ach, er ist so schrecklich fotoscheu, das es schon fast albern ist, aber ich spreche ihn lieber nicht darauf an – er ist manchmal einfach schrecklich launisch. Doch trotzdem – damit du jetzt nicht einen zu schlechten Eindruck von ihm hast – sage ich noch, dass er der beste Bruder ist, den man sich wünschen kann und er freut sich auch schon so doll auf dich, wie ich. Manchmal ist er sogar ganz lustig...
Naja, hab gerade auf die Uhr geguckt und gemerkt, dass es schon fast vier Uhr nachts ist – ich bin ein langsamer Schreiber – und ich meine Augen kaum noch offen halten kann. Also mache ich jetzt Schluss und wir sehen uns dann am 9.6 am Flughafen (Neon und ich werden dich abholen, weil meine Eltern und Helena noch beim Geburtstag von Astrids Mutter sind). Ich freue mich schon. Alles Gute, bis dann!
Kilian